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Wann die erste Idee zu einer Jahrhundertausstellung auftauchte, ist nicht
eindeutig festzustellen. Sicher ist jedoch, daß im Jahre 1897 der Gedanke
gefaßt war, und eine erste Beratung stattfand. Über den Ausstellungsort
herrschte noch keine eindeutige Meinung, Berlin als Veranstaltungsort wurde
jedoch von Anfang an als möglicher Ort in Betracht gezogen. Als Zeitpunkt
wurde das Jahr 1900 in Erwägung gezogen. Als Initiatoren sind Hugo von
Tschudi, Alfred Lichtwark und Woldemar von Seidlitz zu nennen. Die Idee dieser Ausstellung fand grundsätzliche
Zustimmung. Die Ausführung scheiterte dann zunächst an verschiedenen
Behörden. Die weitere Ausarbeitung der Pläne wurde dadurch verhindert. Ein
Umschlagen der Stimmung für dieses Projekt kam mit dem Erfolg der
französischen ,, Centennale`` im Jahr 1900. Jedoch erst 1904 kam es zu
einer wirklichen Wiederaufnahme der Vorbereitungsarbeiten. Zu diesem Zeitpunkt
gab der Kaiser seine Zustimmung für die Räume der Nationalgalerie. Durch
verschiedene Unterstützung von privater Seite nahm das Vorhaben konkretere
Konturen an. ,, Um die Ausstellungsarbeiten haben sich die Herren Charles
Förster, Dr. Joseph Kern, Konrad Müller-Kaboth, Dr.Ludwig Schnorr von
Carolsfeld, sowie Herr Julius Meier-Graefe, der schon vor Beginn der
Arbeiten sich mit dem Gedanken einer Jahrhundertausstellung beschäftigt
und zu der raschen Verwirklichung des Unternehmens beigetragen hatte,
verdient gemacht``. Daß Meier-Graefe bei der Organisation der
Ausstellung ein nicht unwesentliche Rolle spielte kann einem Artikel
Lichtwarks entnommen werden: ,, Als Julius Meier-Graefe, von Paris
zurückgekehrt, mit der Anregung auftrat, nach Muster der französischen
Zentennale eine deutsche zu veranstalten, war die Entwicklung schon so weit
vorgeschritten, daß es nur dieses äußeren Anstßes bedurfte, um den
Stein wieder ins Rollen zu bringen.``.
Im Sommer und Herbst 1905 wird die
Auswahl der auszustellenden Werke getroffen. Dabei werden von den einzelnen
Initiatoren bestimmte Gebiete und Länder abgereist, um die Werke nach Berlin zu bringen. Da die
Kosten stark anstiegen, war man auf private finanzielle Unterstüzung
angewiesen, die durch teilweise private Verbindungen immer wieder gewonnen
werden konnte. Die Ausstellung wird dann am 24.Januar 1906 in der
Königlichen Nationalgalerie in Berlin eröffnet. Durch diese Ausstellung, so eine Intention der
Austellungsmacher, sollte ein Jahrhundert deutscher Kunst der
öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden und eine kritische
Auseinandersetzung mit derselben eingeleitet werden. ,, Eine Deutsche
Jahrhundertausstellung ist in der Nationalgalerie in Berlin veranstaltet
worden, um eine Übersicht über die deutsche Kunst vom Ende der Rokokozeit
bis zum Anfang des Impressionismus, also etwa von 1775 bis 1875 zu geben
und so zu zeigen, daß auch in der ersten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts bei uns Hervorragendes geleistet worden ist.``.
Das Echo, welches die Jahrhundertausstellung in der Presse hervorrief, war nicht so umfangreich, wie es angesichts der Größe des Unternehmens anzunehmen wäre. Die Tageszeitungen berichteten teilweise gar nicht und nur wenige der in die Betrachtung einbezogenen Zeitschriften widmeten sich umfangreicher des Themas. Umfangreichere Artikel erschienen in ,, Die Neue Rundschau``, ,, Deutsche Rundschau``, ,, Die Gegenwart``, ,, Die Woche``und im ,, Der Kunstwart``.
Die in der Zeitschrift ,, Die Gegenwart`` erschienenen Artikel von Julius Norden schwanken in Haltung zwischen zustimmend und ablehnend. Norden bemängelt vor allem, daß bestimmte für die Kunst in Deutschland im 19.Jahrhundert so wichtige Gattungen wie die Monumentalmalerei oder Geschichtsmalerei so wenig Beachtung gefunden haben. ,, Gleich die , Die Nazarener` und die in den ersten vier Jahrzehnten so wichtige Entwicklung der Monumentalmalerei haben ebenso auffallend wenig Beachtung gefunden, wie die ältere Düsseldorfer und Münchener, romantische und Genremalerei, wie die Geschichtsmalerei der Wilhelm von Kaulbach, Beneventura Genelli, Friedrich Geselschap u.a., die überhaupt nicht vertreten sind, ganz ebenso wenig wie Karl Piloty und seine Schule, oder wie die Norddeutsche, d.h. die Berliner und Düsseldorfer Schlachtenmalerei.`` Direkt zur Düsseldorfer Malerschule schreibt Norden fast nichts. Er erwähnt nur ein einziges Mal Bendemann und Hübner und äußert sich positiv über deren Malerei, verbunden mit der Bemerkung, daß beide doch gut auf der Ausstellung vertreten seien.
Hugo von Tschudi als einer der wesentlichen Ausstellungsorganisatoren veröffentlichte seinen Einführungstexte aus dem Ausstellungskatalog als Artikel in der Zeitschrift ,, Die Neue Rundschau`` unter dem Titel ,, Die Jahrhundertausstellung``. In diesem Artikel bespricht er umfangreich die Düsseldorfer Malerschule, versucht Entwicklungslinien und Einflüsse deutlichzumachen. Einzelne Maler werden hervorgehoben und qualitativ bewertet. ,, Eine Reihe tüchtiger Künstler ging aus der Schule Schadows hervor. Julius Hübner hat in seiner Jugend einige gute Bildnisse aus seiner Familie und in demjenigen des Stadtrats David Friedländer (von 1833) ein Meisterwerk lebensvoller Naturwiedergabe geschaffen. Von den Genremalern war der witzig charakterisierende Hasenclever mit dem ersten Entwurf zu seinem , Jobs beim Examen` und dem Lesekabinett vertreten, in dem er ein Beleuchtungsproblem etwas nüchtern löst, Schrödter mit einer der Varianten seines Don Quichote und Hosemann, der später seine Tätigkeit nach Berlin verlegte, mit einigen Schilderungen aus dem Leben der Spießer, über deren aufdringlichen Humor aber nicht wie bei Spitzweg die Schönheit der Malerei hinweghilft.`` Betrachtet man dieses Zitat, wird anhand des gewählten Tones recht deutlich, daß man von Seiten des Ausstellungskommitees nicht allein künstlerische Qualität aus dem Sichtpunkt des beginnenden 20.Jahrhunderts allein zum Kriterium der Auswahl machte, sondern, daß es das Ansinnen der Veranstalter war, einen möglichst guten Überblick über alle Strömungen im 19.Jahrhundert zu geben. Der kritische Blick, den Tschudi in diesen ersten Zeilen zur Düsseldorfer Malerschule hat, setzt sich durch alle weiteren Passagen zum Thema fort. ,, Diesem weinfrohen Kleeblatt gesellt sich Wilhelm Sohn mit einer altdeutsch kostümierten , Gewissensfrage ` von leidvollstem Ausdruck. Es ist interessant, zu sehen, wie er diesen erregten Frauentypus mit den weit aufgerissenen Augen auf seinen Schüler Eduard von Gebhardt vererbt, der freilich ein Künstler von anderen Wuchs ist, mit seinen besten Werken aber schon jenseits der Grenze der Jahrhundertausstellung steht. Die Landschaft der beiden Achenbach boten ebensowenig Überraschungen wie diejenigen Lessings und Schirmers (unter denen sich gute Naturstudien befanden) oder die Genrebilder Vautiers. Wohltätig fielen die Porträts von Leutze auf, die ein angenehmes diskretes Kolorit und eine nicht gewöhnliche Chrakterisierung zeigen.``
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