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Die Kataloge zur Jahrhundertausstellung

Zur Ausstellung erschienen verschiedene Publikationen, die Katalogcharakter trugen oder als Führer durch die Jahrhundertausstellung dienen konnten. Der wichtigste unter ihnen war der Prachtkatalog, der in zwei Bänden erschien und der den wissenschaftlichen Anspruch, den die Veranstalter an ihr Unternehmen stellten, unterstreichen sollte.

Alle direkt vom Vorstand herausgegebenen Kataloge wurden, genau wie die Innenausstattung der Räume in der Nationalgalerie, von Peter Behrens entworfen.gif Kurz nach Eröffnung der Ausstellung war zunächst ein kleiner zweibändiger Katalog herausgebracht worden.gif Der erste Band enthielt Angaben zu den zu diesem Zeitpunkt gezeigten Gemälde und Skulpturen, der zweite Band Angaben zu Zeichnungen, Aquarelle, Pastelle, Ölstudien, Miniaturen und Möbel. Die Gestaltung beider Bände unterschied sich nur in der Farbe des Einbandes. Band 1 hatte einen braunen Untergrund mit silbergrauem Druck und Band 2 einen grauen Untergrund mit blauem Druck. Die Künstler wurden in beiden Bänden alphabetisch geordnet und die verzeichneten Werke mit Titel, Größe, Besitzer, Technik und dem Standort in der Ausstellung aufgeführt. Beiden Bänden waren keine Abbildungen beigefügt. Der erste Band kostete 2,40 Mark und der zweite 1,20 Mark. Dieser Katalog, wie auch der Prachtkatalog wurden als Bestandskatalog herausgegeben. Daneben gab es außerdem eine einbändige Publikation der Gemälde mit einem großen Abbildungsteil.

Der große zweibändige Prachtkataloggif war als wissenschaftliche Publikation gedacht, die zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema als Grundlage dienen sollte. In den kleineren Katalogen wurde explizit auf dieses Werk hingewiesen.gif Der erste Band kam bereits Anfang Mai heraus und konnte für zwanzig Mark erworben werden. Ursprünglich war ein einbändiges Werk vorgesehen gewesen. Später wurde doch ,,... infolge Anwachsens des Materials der Plan geändert und die Zweiteilung des Katalogs in ein populären und einen wissenschaftlichen Band Band beschlossen`` .gif Der erste Band bestand aus dem Vorwort von Alfred Lichtwark, dem einleitenden Text Hugo von Tschudis, in dem er die Intentionen der Ausstellung mit kurzen Worten darlegte und einen kurzen Rundgang durch die Ausstellung unternahm und einem Katalog von über vierhundert ausgewählten Werken, die jeweils mit einer Abbildung gezeigt wurden. Einzelne Abbildungen waren in Mezzotinto wiedergegeben, die anderen im Lichtdruckverfahren. Die Reihenfolge der Abbildungen folgte dem Verlauf der Ausstellung und ließ den Leser des ersten Bandes einen imaginären Rundgang durch die Ausstellung vollziehen. Alles in allem sollte dieser Band mit seinem am Herstellungsaufwand gemessen geringen Preis ,, ein stattliches Erinnerungswerk an die Jahrhundertausstellung bilden, das ... auch einem grösserem Publikum zugänglich ist``gif.

Da bereits der erste Band mit Verspätung herauskam, drang der Vorstand der Jahrhundertausstellung auf eine möglichst zeitige Fertigstellung des zweiten Bandes. Beide Bände zusammen wurden als Subskription zum Preis von achtzig Mark angeboten. Um für den Katalog Werbung zu machen, wurde er verschiedenen Zeitschriften mit der Bitte um Besprechung zugesandt. Die Herstellung des zweiten Bandes nahm jedoch mehr Zeit in Anspruch, als man ursprünglich gedacht hatte. Es sollten sämtliche Gemälde, die in der Ausstellung hingen oder gehangen hatten, aufgenommen werden. Hinzu kamen, soweit möglich, stichpunktartige Biographien zu den einzelnen Künstlern. Jedes angeführte Werke war mit einer kurzen Farbanalyse versehen, die durch Julius Meier-Graefe erstellte wurden. Dazu kamen etwa 1200 Abbildungen, die wie im ersten Band vereinzelt als Mezzotinto, sonst im Lichtdruck wiedergegeben waren. Schon im März 1906 wurde klar, daß dieser Plan nicht mehr im Zeitraum der Jahrhundertausstellung ausgeführt werden konnte. Der Bruckmann Verlag schrieb an den Vorstand der Jahrhundertausstellung, daß man nicht mehr den Zeitfaktor, sondern den Qualitätsfaktor als ausschlaggebendes Moment betrachten sollte, ,, da der zweite Band doch nicht mehr während der Ausstellung herauskommen kann. ... [Es] scheint uns wichtiger die Anordnung mit Ueberlegung zu machen, als vielleicht 4 Wochen früher fertig zu werden`` .gif Noch am 28. Mai 1906 schrieb Meier-Graefe an den Bruckmann Verlag: ,, Ich bin jetzt fast mit dem Paterre und dem ersten Stock fertig und bitte Sie, sich zu überlegen, ob Sie schon die Beschreibungen dieser Bilder setzen wollen. Die Reihenfolge wird ja immerhin durch den noch fehlenden obersten Stock modifiziert werden`` .gif Im Gegensatz zum ersten Band wurden die einzelnen Künstler hier streng alphabetisch geordnet. Die Arbeiten zogen sich noch bis Ende August 1906 hin, so daß der zweite Band erst Anfang September erscheinen konnte. Die Ausstellung hatte zu diesem Zeipunkt ihre Tore längst wieder geschlossen.

Die Katalogrezensionen waren sehr positiv, wobei immer wieder die Arbeit Meier-Graefes hervorgehoben wurde. Die Zeitschrift ,, The Studio`` schrieb in ihrer Rezension zum zweiten Band: ,, With each of many hundreds of entries a short discription is given of the colour-scheme of the picture catalogued; these have been written by the well-known art critic and writer Herr J.Meyer-Graefe, whose labours in this direction greatly enhanced.`` gif Dadurch, daß der Katalog einen reichhaltigen Überblick über die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts in Bild und Text bot, füllte er eine Lücke in der Kunstgeschichtschreibung über diese Zeit und diente in der folgenden Zeit als Ausgangspunkt für weitere Darstellungen zur deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts.

Wie schon mehrfach erwähnt erschienen noch während der Ausstellung unterschiedliche Führer. Richard Hamann brachte bei Georg Reimer in Berlin eine dreiteilige Publikation heraus, deren einzelne Teile sich jeweils auf etwa ein Stockwerk bezogen.gif So behandelte der erste Teil die Zeit von 1775-1820, der zweite Teil 1820-1860 und der dritte die Zeit nach 1860. Sein Ziel war es mit einem fortlaufenden Text auf Höhepunkte und Zusammenhänge hinzuweisen und so in knapper Form einen Abriß der deutschen Kunst dieser Zeit zu bieten. ,, Die nachfolgenden Betrachtungen wurden zuerst mündlich geäußert in den Führungen durch die Jahrhundert-Ausstellung, die der Verfasser mit Hörern der Lessing-Hochschule unternommen hat. ... Es bleibt aber zu hoffen, daß die Gelegenheitsschrift auch dem künftigen Geschichtsschreiber der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts noch etwas bietet.``gif

Außerdem ist an dieser Stelle noch der schon mehrfach erwähnte ,, Führer durch die Jahrhundert-Ausstellung``gif des Woldemar von Seidlitz zu nennen. Dieser schmale Band versucht einen stichpunktartigen Rundgang durch das Neue Museum und die Nationalgalerie. Jeder Raum in der Ausstellung entspricht einem Abschnitt des Führers. Die Überschriften geben die Zuordnung zu einer Schule oder nennen nur einfach den Künstler, dem dieser Raum hauptsächlich gewidmet ist. Die Ausführungen sind zum Teil sehr kurz gehalten und geben nicht selten nur den Titel und ein paar zugehörige Angaben zu den Werken, die nach Meinung des Autors besondere Beachtung verdienen, wieder. Durch die sehr genauen Angaben, an welchen Stelle ein Bild hing, ist der Führer heute eine der wenigen Quellen, die zu einer genaueren Rekonstruktion der Ausstellung beitragen könnten. Von Seidlitz selbst schrieb im Vorwort: ,, Dieser Führer will soweit möglich auf die geschichtlichen Zusammenhänge hinweisen.``gif

Sowohl Hamanns als auch von Seidlitz's Publikation hatten keine Abbildungen und waren in erster Linie direkt als Hilfe für den Besuch gedacht. Damit unterschieden sie sich wesentlich von dem als wissenschaftliche Publikation ausgelegten großen Katalog.



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Christian Guenther
Fri Aug 22 13:11:17 MET DST 1997