Die Ausstellung in ihrem Umfang und in ihrer Qualität machte bewußt, daß es sich bei dem dargestellten Zeitraum um eine Epoche deutscher Kunst handelte, deren Sammlung durch Museen vernachlässigt worden war. Dabei gab es durchaus in den öffentlichen Sammlungen Werke der gezeigten Künstler, aber das Bewußtsein für die Qualität ihrer Kunst war nicht mehr oder nur noch in gerigem Maße vorhanden. Die Folge war oftmals das Verschwinden der Kunstwerke in den Depots. Trotzdem gab es Sammler oder Museen, die sich auf bestimmte Künstler spezialisierten und deren Schaffen in eindrucksvollen Sammlungen zusammengetrugen. Erinnert sei hier nur an Bernt Grönvold, der fast alle Leihgaben von Werken Friedrich Wasmanns für die Ausstellung stellte und 1915 ein erstes Buch über diesen Künstler veröffentlichte. Mit der Jahrhundertausstellung wuchs jedoch das Bewußtsein für die gezeigte Kunst dieser Epoche und es setzte eine Ankaufspolitik ein, die vermehrt versuchte, Werke der gezeigten Künstler zu erwerben. Dabei stieg das Interesse bei privaten und öffentlichen Sammlern. Ohne Zweifel kann die Ausstellung auch als eine Art temporärer Kunstmarkt betrachtet werden, denn zahlreiche Leihgeber waren an eventuellen Verkäufen interessiert und reagierten zum Teil heftig, wenn ihre ,, Leihgabe`` aus Platzmangel nicht zur Ausstellung kam und damit die Chancen für einen guten Verkauf sanken. War das Werk innerhalb der Ausstellung zu sehen, so entging es sicher nicht einer gewissen Aufwertung, die sich auch im zu erzielenden Preis ausdrücken konnte. Hinzu kam, daß aus sich oftmals in Privatbesitz befindenden Künstlernachlässen unbekannte Werke in großer Zahl gezeigt wurden. Den Museen und interessierten Sammlern stand damit eine einmalige Auswahl an Objekten an einem Ort zur Verfügung, aus der sie in direktem Vergleich repräsentative Stücke auswählen konnten.
Die berühmte Sammlung Winthertur Oskar Reinharts enthält nicht weniger als 20 auf der Jahrhundertausstellung vertretene Werke verschiedenster Künstler, die von ihm im Laufe von Jahrzehnten nach der Ausstellung gekauft wurden. Darunter befinden sich Namen wie Wilhelm Leibl, Max Liebermann, Arnold Böcklin oder Hans von Marées. Lothar Brauner betont den direkten Zusammenhang zwischen der Jahrhundertausstellung und der Reinhartschen Sammlungsstruktur. ,, Schon der inhaltlich abgesteckte Zeitraum... ist weitestgehend der gleiche, wie ihn die Jahrhundertausstellung umrissen hatte.`` Die Sammeltätigkeit beginnt kurz nach dem Besuch der Ausstellung, wobei ihm der Katalog der Ausstellung und die ,, Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst`` von Julius Meier-Graefe als Richtlinie und Grundlage dienten. Interessant ist die Neigung Reinharts der Neubewertung der Skizze als gültiges Kunstwerk in der Ausstellung zu folgen und sie in sein Sammlungskonzept zu integrieren. Die meisten deutschen Werke erwarb er ab 1930. Auf manchen Höhepunkt seiner Sammlung mußte er sehr lange warten. Beispielsweise gelang es ihm erst 1953 Leibls Bild ,, Die Dorfpolitiker`` zu erwerben. 1950 kaufte er Adolph von Menzels ,, Kopf eines toten Schimmels``, 1949 Arnold Böcklins kleinformatige, wunderbar lichtdurchflutete ,, Landschaft mit Kornfeld und badenden Mädchen`` oder bereits 1934 ,, Der heilige Martin und der Bettler`` von Hans von Marées. Die hier angeführten Werke stehen jedoch nur exemplarisch für den direkten Einfluß, den die Jahrhundertausstellung auf seine Sammeltätigkeit hatte. Reinhart, der mit Meier-Graefe bekannt war und dessen Schriften schätzte, hielt sich beim Ankauf von deutschen Werken an die Schwerpunkte der Ausstellung. Vermutlich war auch nicht jedes Kunstwerk, das er sicher gern in seine Sammlung eingereiht hätte, erreichbar.
Den privaten Sammlern standen die Museen gegenüber. Auch sie betrachteten die Ausstellung als eine Gelegenheit aus den ausgestellten Bildern auszuwählen, Erwerbungen zu tätigen und so ein neu empfundenes Defizit auszugleichen. Dazu bot, wie schon erwähnt, die Jahrhundertausstellung eine sehr gute Möglichkeit.
Der sicher umfangreichste Ankauf wurde durch Hugo von Tschudi in die Wege geleitet und es gelang ihm trotz der erst kurz zuvor für den Nachlaß Adolph von Menzels bewilligten 1,5 Millionen Mark nochmals eine Sonderbewilligung von 200.000 Mark zu erreichen. Dieses Geld wurde für zwei Ankäufe von Zeichnungen und Gemälden verwendet. Beide Male wurde durch von Tschudi eine Liste der gewünschten Stücke erstellt und zu jedem Werk eine kurze Begründung des Ankaufwunsches hinzugefügt. Alle Begründungen wurden handschriftlich von Hugo von Tschudi in die Liste eingetragen. Immer wieder treten neben seiner dem Bild beigemessenen kunsthistorischen Bedeutung vor allem formale Gründe auf, die ihn für ein Bild sprechen lassen. Er schreibt zum Beispiel zu Anselm Feuerbachs ,, Bildnis der Stiefmutter des Künstlers`` als Begründung: ,, Durch die liebevolle intime Charakteristik der bedeutenden Frau, dem vornehmen Farbgeschmack und die Größe der Auffassung stellt sich dieses schönste Bildnis Feuerbach's würdig neben die allerbesten deutschen Porträts des Jahrhunderts`` . Diese Liste wurde der Landeskunstkommission vorgelegt und jedes Stück einzeln bestätigt oder abgelehnt. Außerdem wurde der Generaldirektor der Museen, Wilhelm von Bode um seine Meinung gefragt. Erst nachdem beide ihr Einverständnis gegeben hatten, legte Studt diese Liste dem Kaiser mit Bitte um Erteilung der Ankaufserlaubnis vor. Er äußert sich in dem Begleitschreiben zur Liste: ,, Gegen die Aufnahme der zum Ankauf vorgeschlagenen Werke in die Sammlungen der Nationalgalerie sind meinerseits nach Anhörung der Landeskunstkommission und des Generaldirektors der Museen Bedenken nicht zu erheben`` . Der Ankauf wurde erlaubt. Tschudi versuchte durch nochmaliges Vorschlagen von Werken, die in der ersten Liste abgelehnt wurden, diese dennoch für die Nationalgalerie zu erwerben. So wurde zum Beispiel Karl Buchholz's ,, Frühling in Ebringsdorf`` erst beim zweiten Mal bestätigt. In die Auswahl kamen nicht nur Werke, die direkt auf der Jahrhundertausstellung hingen, sondern auch solche, die in der retrospektiven Abteilung der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt wurden, so von Eduard Bendemann, Fritz von Uhde oder Ignaz Jakob. Außerdem bat Hugo von Tschudi den Kultusminister Studt bei der Vermittlung zwecks Überlassung zweier Bilder von Caspar David Friedrich aus kaiserlichem Besitz. Dabei hoffte er, daß der Kaiser ihm die Bilder umsonst oder gegen Austausch geben würde. ,, Gleichzeitig wage ich es Eure Excellenz zu bitten Seiner Majestät die untertänige Bitte um Darbietung der beiden Friedrichsen Bilder zu unterbreiten. Es handelt sich um die , Aussicht von einem Park`\ ... und um das , Seestück` , das aus dem Kgl. Schloss in Berlin stammt, wo es indessen nicht aufzuhängen gewesen zu sein scheint. - Diese Bilder sind kunsthistorisch von grosser Wichtigkeit ... Zum Austausch, falls ein solcher sich als nötig erweisen sollte, ständen weniger unentbehrliche Bilder der Nationalgalerie zur Verfügung.`` Dies lehnte der Kaiser jedoch ausdrücklich ab. Zusammen kamen aus der Jahrhundertausstellung am Ende immerhin über 60 Werke in den Besitz der Nationalgalerie, darunter Gemälde von Wilhelm Leibl, Anselm Feuerbach, Eduard Gärtner, Karl Friedrich Blechen oder Julius Hübner und Skulpturen von Adolf Hildebrand.
Die Erwerbungen der Hamburger Kunsthalle sollen hier noch als ein drittes Beispiel dienen, daß besonders dadurch interessant ist, daß im Jahr der Vorbereitungen Werke von Künstlern angekauft worden sind, die dann auf der Jahrhundertausstellung breit vertreten waren. Die Ursachen dafür können verschieden gewesen sein und es würde einer genaueren Untersuchung obliegen diese festzustellen. Zum einen kann Lichtwark versucht haben diese Werke vor der Ausstellung zu erwerben, um sie noch zu einem günstigeren Preis zu bekommen. Das die Ausstellung auch Auswirkungen auf den Kunstmarkt haben würde, daran dürfte er nicht gezweifelt haben. Zum anderen hätte diese Vorgehensweise den Vorteil gehabt, aus einem größeren Anzahl an Gemälden auswählen zu können ohne sich gegen eine allzu starke Konkurrenz aus dem privaten Sektor oder eventuell durch andere Museen wehren zu müssen. Auf der anderen Seite kaufte Lichtwark diese Werke vielleicht, weil er von dessen Qualität überzeugt war und die Vertretung auf der Jahrhundertausstellung wurde dadurch angeregt.
Heute befinden sich in der Kunsthalle Hamburg neun Werke des Malers Caspar David Friedrich, die zwischen 1904 und 1909 erworben wurden. Von diesen neun Gemälden sind fünf im Jahre 1905 und eines im Jahr 1906 in die Sammlung gekommen. Ein weiteres Beispiel sind die Gemälde von Christian Morgenstern. Fast alle auf der Jahrhundertausstellung gezeigten Werke dieses Künstlers kamen aus der Sammlung der Hamburger Kunsthalle und wurden dort erst 1905 gekauft. Insgesamt lassen sich fünfzehn Ankäufe im Jahre 1906 nachweisen, die auch auf der Jahrhundertausstellung zu sehen gewesen sind. Darunter befanden sich beispielsweise die beiden einzigen Bilder des Malers Otto Erich Dörr, die sich heute im Besitz der Kunsthalle befinden. Genauso verhält es sich mit den beiden Gemälden Heinrich Maria von Hess'. Weitere Maler waren Wilhelm Leibl, Wilhelm von Kobell, Karl Buchholz, Hans von Marées, Moritz von Schwind oder Hans Thoma. Außerdem kaufte man nicht auf der Jahrhundertausstellung ausgestellte Werke von Künstlern, die in der Ausstellung zu sehen gewesen sind.
Der sicher spektkulärste Ankauf war dabei das Gemälde ,, Drei Frauen in der Kirche`` von Wilhelm Leibl für die stattliche Summe von 112.000 Mark. Da es sich dabei um eines seiner Hauptwerke handelte, war mindestens von Seiten Alfred Lichtwarks und von Tschudis Interesse angemeldet worden. Anfang April 1906 schrieb Wilhelm Trübner an Julius Meier-Graefe in einem Brief: ,, Es freut mich sehr zu hören, dass Herr v. Tschudi beabsichtigt, die Bäuerinnen in der Kirche und den Bürgermeister zu kaufen. Damit wäre die Nat. Galerie mit einem Schlag auf die höchste Stufe gehoben``. Alfred Lichtwark erhielt dann doch den Zuschlag und das Werk ging in die Hamburger Kunsthalle. In einem Telegramm gibt er dem Vorstand der Jahrhundertausstellung bekannt: ,, Frau Schoen hat Leibl's Kirchenfrauen für hundertzwölftausend Mark der Kunsthalle verkauft. Uebertragen sie guetigst sofort Versicherung des Bildes auf Namen der Kunsthalle.`` Dies war erst durch die Vermittlung durch Friedrich Schmidt-Ott möglich geworden, denn eigentlich hatte die Nationalgalerie ihrer Bedeutung angemessen ein gewisses Vorkaufsrecht. Alfred Lichtwark hatte jedoch von Tschudi darauf hingewiesen, daß die Ausstellung doch von beiden organisiert worden sei und daß man deshalb das gleiche Anrecht auf die besten Bilder habe. Da beider Ankaufsetat bei etwa 200.000 Mark lag, kamen letzten Endes in beide Galerien bedeutende Werke. Der Spielraum für Lichwark war aber angesichts der 112.000 Mark dann doch sehr eingeschränkt.
Die unmittelbar mit der Jahrhundertausstellung in Zusammenhang stehenden Ankäufe setzten sich in den folgenden Jahren in vielen Museen und Privatsammlungen fort. Außer dem bereits erwähnten Beispiel der Sammlung Oskar Reinhart können verschiedene museale Beispiele gebracht werden. Von Johann Christian Clausen Dahl besitzt die Hamburger Kunsthalle sieben Werke. Davon wurden allein sechs nach 1906, vier vor 1920 gekauft. Die Sammlung von Gemälden Liebermanns, die schon seit den 1890er Jahren angelegt wurde, erfuhr einen sprunghaften Ausbau 1906 durch dreizehn neue Werke. 1910 kamen durch die Schenkung Bromberg nochmals acht Bilder hinzu. Sämmtliche Gemälde des auf der Jahrhundertausstellung erstmals so reichhaltig gezeigten Ferdinand von Rayski im Besitz der Dresdener Gemäldegalerie wurden nach 1906 in die Sammlung eingefügt. Die sich dort befindenden sechs Gemälde von Max Liebermann sind ebenfalls erst nach 1906 angekauft worden. Eines davon, die ,, Geschwister`` war auch auf der Jahrundertausstellung zu sehen gewesen. Das Museum Folkwang in Essen baute in den Jahren nach seiner Gründung eine Sammlung deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts auf, in der Werke von Liebermann, Friedrich, Carus, Dahl, Marées und Thoma vertreten waren.
Sicher kann allein das Ankaufsdatum nicht auf den Zusammenhang mit der Jahrhundertausstellung hinweisen. Verschiedentlich waren die aus Privatbesitz kommenden Werke vielleicht nicht eher verfügbar. Dennoch ist es augenfällig, daß in vielen Sammlungen nach 1906 erstmals oder wieder intensiver die Kunst dieser Epoche angekauft wurde.